35) Die Geschichte Ungarns: Eine Anreihung von Unglücksfällen oder
eine Falschinterpretation
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Die Geschichte Ungarns: Eine Anreihung von Unglücksfällen
oder eine Falschinterpretation
Wir sind im Jahre 1526 in der Nähe von Mohács.
150 000 türkische Soldaten aus allen Teilen des Ottomanischen Reiches stehen
einem kleinen Heer von mutigen aber durch innere Streitigkeiten dezimierten
Ungarn gegenüber. Die Türken hatten keine besondere Taktik. Sie waren meist
Religionsfanatiker oder hatten sich aus Opportunismus dem Stärkeren
angeschlossen und rannten im offenen Gelände einfach in tiefen Reihen auf
fast endloser Länge dem Feind entgegen. Die Ungarn hatten keine Chance. Durch
die Nachricht der Niederlage verließen viele Ungarn ihr Heimatland, um nicht
in die Hände der Heiden zu fallen. Natürlich wurden einige verschleppt und
als Sklaven verkauft, aber die Türken waren nicht mehr Barbaren, als die
Christen. Bei den Türken gab es zum Beispiel keine Inquisition; Wenn man ein
bisschen mehr Steuern bezahlte, konnte man durchaus seine Religion weiterhin
frei ausüben, was im christlichen Europa überhaupt nicht möglich war. Zudem
war es für die Türken wichtig, dass eine genügend große Zahl an Bewohnern vor
Ort blieb, um das Land zu bewirtschaften und später Steuern bezahlen zu
können. Ich persönlich hätte als liberaler wahrscheinlich lieber unter
türkischer Herrschaft gelebt, als unter dogmatischer christlicher. Damit fiel
die erste Lüge der ungarischen Geschichtserzählung.
Das eins so ruhmreiche, aber ziemlich instabile
Reich des Königs Mathias wurde in 3 Teile geteilt. Eine türkische Provinz in
der Mitte und im Süden, eine österreichische Provinz im Nordwesten und ein
relativ souveräner Teil im Nordosten im Schutz des Karpatengebirges. Die
Türken hätten auch diesen Teil erobern können, aber das ottomanische Reich
war schon zu groß und unkontrollierbar geworden. Und genau in diesem von den
Türken abhängigem Teil blühten die Kultur und die Künste. Die dort
herrschende Religionsfreiheit zog sehr viele kluge Köpfe an und da die
Österreicher die ungarische Krone nicht herausrücken wollten, gaben sie sich
den Namen „Fürstentum von Siebenbürgen“. Aber irgendwann sollte dieses Idyll
enden und das „rechtgläubige“ Österreich besetzte und zerstörte alles.
Manchmal gab der Habsburger dem Ungarn das
Gefühl, etwas Besseres zu sein, als die umliegenden slawischen Völker,
besonders wenn ein Krieg ausgebrochen war und es dessen Hilfe bedurfte. Wer
würde auch von einem Kaiser erwarten, sich selbst zu erniedrigen, indem er
betont, auch noch zweimal König zu sein, der von Ungarn und Tschechien.
Der sogenannte große Freiheitskampf von 1848/49
war Teil eines Sturmes, der durch ganz Europa fegte und das Restaurationsfundament
von 1816 fast aus den Angeln hob. Der Nationalismus war entstanden und somit
auch der Fremdenhass. Die Ungarn waren gegenüber den mit ihnen
zusammenwohnenden Völkern nicht gerade tolerant und wunderten sich, dass
diese ihnen gegen die Österreicher nicht helfen wollten.
Der letzte große gemeinsame Krieg in den auch der
die ungarischen Staatsgeschäfte verwaltende Tisza István nicht ohne
Enthusiasmus eintrat, brachte den Zusammenbruch Österreichs und die Freiheit
der Völker dieser Region. Mit Trianon gelangte Ungarn endlich zu einem
souveränen Staat. Obwohl die Ungarn durchaus hätten froh sein müssen,
beklagten sie sich. Von Mohács bis Trianon hatte es Ungarn nur als Region
oder Gebiet gegeben und jetzt war es plötzlich wieder ein souveränes Land mit
einer eigenen Regierung und wählte fast sofort, wie viele andere Länder zu
jener Zeit einen faschistischen Horthy, der es dann auch gleich zum
Mitschuldigen am 2. Weltkrieg machte.
Was wäre wohl geschehen, hätten diese
nationalistischen, intoleranten Ungarn einen Mathias-Staat mit all den
verschiedenen Volksgruppen wie in Jugoslawien erhalten? Das Schlachten, das
die Südslaven mit Hinzugabe von Albanern untereinander anrichteten, hätte
dann mit Sicherheit die Ungarn dezimiert.
Man kann es den Menschen nicht verübeln, wenn sie
gut oder wenigsten normal leben wollen und aus diesem Grund alle möglichen
Kompromisse mit der jeweiligen, regierenden Klasse eingehen. Aber dass heute
alle Helden gewesen sein wollen, wirkt auf einen erfahrenen, denkenden
Außenstehenden durchaus störend oder verwirrend, wenn nicht sogar lächerlich.
Die Ungarn haben zur Horthy Zeit alle mitgeholfen die Juden einzusammeln, um
sich deren Vermögen und Wohnungen zu sichern. Sie verehren Horthy bis heute,
der einen Pakt mit einem Hitler schloss, dessen Plan es war, auch das
ungarische Volk zuerst zu versklaven und dann zu vernichten.
Die Ungarn haben bis heute nichts gelernt. Aber
wann hätten sie denn auch Freiheit und Selbstverantwortung lernen sollen?
Machtgierige Könige, Türken, Habsburger, Horthy-Faschismus, Kommunismus, 20
Jahre Freiheit, Orbanismus – das ist die Bilanz. Der einzige kleine
Lichtschimmer ist die Europäische Union. Aber es gibt heute mehr Widerstand
gegen diese demokratische Organisation, als gegen Hitler im 2. Weltkrieg.
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Else
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Freitag, 24. Juli 2020
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