Montag, 27. Juli 2020

43) Europa
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Europa

Zeus, oder besser der Sohn von Kronos, also Kronides, hatte sich wieder einmal in eine junge, hübsche Königstochter verliebt. Der mit menschlichen Eigenschaften ausgerüstete Gott hatte noch immer nicht gelernt, wie er seine Liebeleien vor seiner mit Recht eifersüchtigen Frau, der kuhäugigen Hera, verstecken sollte (Eine Kuh hat wirklich wunderschöne Augen, aber sollte es ein Mann wagen, einer Frau ein solches Kompliment zu machen, wird er heute wahrscheinlich sehr wenig Erfolg haben.), obwohl er sie schon vorher tausendmal betrogen hatte. Und Hera entbrannte jetzt vor Wut gegenüber diesem armen Ding, anstatt ihren Mann bestrafen zu wollen. Der höchste Gott wusste sich, nicht anders zu helfen, als das Mädchen dort zu verstecken, wo es seine rasende Frau niemals vermuten würde, im rauen Norden, aus dem Boreas, der kalte, stürmische Winterwind kam. Außer Barbaren, unendliche Wälder und Schnee gab es da nämlich zur Zeit der alten Griechen einfach nichts. Und da diese jugendliche Schönheit zufällig Europa hieß, bekam diese unwirtliche Gegend wenigstens einen gutklingenden Namen.
Jahrzehntausende lang wechselten sich hier Eiszeiten mit ewigem Eis oder Gletschern, und subtropische Klimazonen ab. Die ersten Menschen waren Neandertaler, die riesige Bären aus Höhlen vertrieben, um diese dann selbst als Behausung in Besitz zu nehmen. Der körperlich schwächere, aber wesentlich klügere Cro-Magnon (Homo Sapiens) vertrieb jenen vor ungefähr 80 000 Jahren, um sich dann vor 10 000 Jahren sesshaft zu machen und den fruchtbaren Boden zu bewirtschaften.
In der Bronzezeit legte man ein paar grob bearbeitete Steinblöcke aufeinander, um sich dort zu versammeln und wenn man mal ein Stück Eisen gefunden oder eines aus dem höher entwickelten Süden von einem dortigen Händler erstanden hatte, machte man sich aus dieser Seltenheit irgendeinen Schmuck.
Die Kelten waren die ersten Indoeuropäer, die sich bis Irland verirrten und später Rom und Delphi ausraubten, bevor sie dann in Kleinasien spurlos verschwanden, weil sie sich langsam immer mit dem Volk, dessen Land sie durchzogen, vermischten. Die Römer nannten diese Hünen „Hähne“ (gallus im Lateinischen), weil sie ihr langes, blondes Haar mit Lehm, Honig und allem was klebt, zu einer 20 – 30 cm hohen Kopffrisur hinauftoupierten, was die sowieso schon mächtige Größe von 1 m 80 cm auf 2 m 10 erhöhte. Dazu hatten sie einen riesigen, langen Schild und ein 2 m langes Schwert, das sie über ihren Köpfen schwenkten, wie eine Steinschleuder und brüllten, was ihre Kehlen aushielten.
Die Römer brachten die erste Kultur in diese rüde Gegend. Sie errichteten Feldlager, aus denen später Städte wurden und bauten ein Straßennetz aus.
Während der Völkerwanderung wurde davon das meiste wieder zerstört. Nachdem die Barbaren sesshaft geworden waren und sich hatten überreden lassen, sich zum christlichen Glauben zu bekehren, brachte die katholische Kirche einen Teil der antiken Baukunst in den Norden, woraus zuerst die Romanik und dann die Gotik entstanden.
Königreiche wurden aufgebaut und zerstört, aus denen sich dann Länder bildeten. Nachdem sich auch der christliche Glaube in katholisch und verschiedene protestantische Richtungen gespalten hatte, und die antike Philosophie durch die Araber wieder an Europa zurückgegeben werden konnte (das Christentum hatte diesen höheren Grad an Kultur ja zu Fall gebracht), weil Europa sich um die Renaissance endlich wieder reif genug zeigte, diesen Schatz zu würdigen, war der ideale Nährboden für den Aufstieg geschaffen.
Der ständige Konkurrenzkampf zwischen den verschiedenen Ländern brachte schnelle Entwicklung von Wissenschaft und Technik. Schon im 16./17. Jahrhundert war Europa fast allen in der Welt überlegen, und machte sich nun daran, seine Macht auch auf überseeische Kolonien auszuweiten. Zu den positiven Seiten gehört natürlich das Wiederaufgreifen der griechischen Philosophie. Zu meiner Jugend war ich fasziniert von asiatischer Kultur und Denkweise. Aber diese Schwärmerei weist meist auf eine geringe Kenntnis der europäischen hin. Alles, was wir in Asien finden, gibt es auch in Europa, nur besser aufgebaut und noch mehr. Welcher Kulturkreis kann sich einem „Eid des Hippokrates“ (Das Gelöbnis, jedem Kranken zu helfen, auch wenn dieser nicht über die nötigen Geldmittel verfügen sollte.) rühmen, oder hat die Idee der Demokratie (Volksherrschaft) oder später im 20. Jahrhundert die Emanzipation der Frau hervorgebracht?
Aber auf diesem Weg sollte nicht immer alles glatt laufen. Wettbewerb hieß sehr oft auch Krieg und die schlimmsten Ideologien waren dabei religiöser, nationalistischer und rassistischer Natur. Europa ist der Kontinent der großen Widersprüche. Wie war so etwas wie Inquisition, Hexenverbrennung, Pogrome und Judenverfolgung möglich? Wie konnte sich neben einem extremen Kollektivismus ein absoluter Individualismus mit großartigen Einzelleistungen, von dem später Leute wie Gandhi, der ja in Europa studiert hatte, profitierten, in derselben Umgebung paaren. Wahrscheinlich ist es dieser Grad der Entwicklung, der den Menschen auf der einen Seite selbstbewusst, auf der anderen Seite unzufrieden (Das glücklichste Volk ist nach Umfragen / Forschungen das im Elend lebende Thailändische.) macht. Vielleicht die Fähigkeit, andere Kulturelemente zu integrieren!
Zuerst war es der Buddhismus, der halb Asien eroberte, natürlich nicht immer auf ganz friedlichem Wege. In tibetanischen Urmärchen zum Beispiel tritt der buddhistische Mönch als aggressiv und gewalttätig auf.
Im Mittelalter übernahm der Islam die Aufgabe des Vermittlers. In seinem riesigen Kulturkreis von Spanien bis Malaysia brachte er zum Beispiel die Zahlen von Indien nach Europa. Dass er heute so zurückgeblieben ist liegt an seiner Dogmatik und Intoleranz.
Und dann kam Europa, das die Globalisation einleitete. Sehr viel Kulturgut wurde durch christlichen Aberglauben zerstört, aber unheimlich viele Dinge wurden und werden übernommen. Immer wieder gehen neue Modewellen, beeinflusst durch verschiedenste Elemente aus aller Welt durch die Kultur in Europa und Nordamerika. Die fast endlose Fähigkeit, sich zu erneuern, von der Kleidung über die französische Küche bis zum Jazz oder die Aufnahme des Judaismus als treibende, wirtschaftliche Kraft.


Else
Else
Else
Else
Else



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