Dienstag, 18. August 2020

128) die wunderbaren, schrecklichen Feiertage
Written by Rainer: rainer.lehrer@yahoo.com
Learn languages (via Skype): Rainer: + 36 20 549 52 97 or + 36 20 334 79 74
------------------------------

Die wunderbaren, schrecklichen Feiertage

Wieder so ein Tag, an dem alles geschlossen war. Er wäre gern zum Schwimmen gegangen, weil er an jenem Tag endlich einmal Zeit gehabt hätte. Unter der Woche ging das nämlich nicht, er war von acht bis fünf Uhr im Büro, das Schwimmbad öffnete morgens um sieben. Es schloss zwar erst am Abend um sieben, aber bis er dorthin kam, war es sechs und dann waren tausende im Wasser. Am Samstag war es nicht besser, es war nur vormittags geöffnet und natürlich überfüllt. Außerdem musste man ja auch noch einkaufen, weil die Öffnungszeiten der Geschäfte nicht besser waren. Aber am Sonntag hätte er sowieso keine Möglichkeit gehabt, in die Stadt zu kommen, er wohnte auf dem Land und an Feiertagen fuhren keine Busse, am Sonntag nur beschränkt. Warum joggst du nicht? – wurde er gefragt. Das tat er jeden Abend und hätte gern auch etwas anderes, zum Beispiel ein bisschen für den Oberkörper, getan. Manchmal ging er an solchen Tagen an den geschlossen Geschäften vorbei, die Waren in den Schaufenstern lächelten ihn an. Jetzt hätte er Zeit, aber nicht nur dafür. Vor ein paar Monaten musste er sich einen Tag Urlaub nehmen, um einen Reisepass zu beantragen und einige Wochen später noch einen Tag, um ihn abzuholen. Natürlich haben auch die Ämter ihre Kundendienstzeiten und diese fielen genau auf seine Arbeitszeiten. Könnten die Gewerkschaften hier nicht etwas tun? Hm! Besonders die kämpfen ja sozusagen immer für solche Frei- und Feiertage. Die wollen einem tatsächlich weißmachen, dass sie das für die arbeitende Bevölkerung tun. Er fragte sich oft, ob er denn der einzige sei, der solche Gedanken hegte oder besser sich mit solchen Problemen herumschlug. „Wahrscheinlich geht es doch vielen so. Aber für wen oder wofür ist denn dann dies alles gut? Würden Familienväter nicht auch gern mal im Winter mit ihren Kindern ins Schwimmbad gehen, ohne dabei sofort einen Urlaubstag opfern zu müssen. Also noch einmal! Für wen? Die Arbeitgeber sind nicht gerade unglücklich, dass sie an Wochenenden keinen Kundendienst aufrechterhalten müssen. Der Staat müsste öffentliche Verkehrsmittel zur Verfügung stellen, die sich ohnehin nicht auszahlen. Alle Wirtschaftseinrichtungen müssten sich umstellen. Also, man verkauft die kleinen Leute für dumm, weil es so einfach bequemer, wirtschaftlicher ist. Und was macht jetzt so einer, wie ich, an so einem wunderbaren, schrecklichen Feiertag. Nach dem morgendlichen Joggen, geht es manchmal in die Kneipe, die so voll, wie die Straßen leer, sind und schaut dort neben einem Bier ein bisschen fern. Ein wirklich aktiver Mensch hat doch zu Hause keinen Fernseher, weil er unter der Woche dafür sowieso keine Zeit hätte.“
Ja, das machte er früher. Und heute? Es hat sich ein bisschen gebessert, wahrscheinlich haben auch verschiedene Industriezweige das Geld gerochen. Außerdem ist er in eine Großstadt gezogen. Und er hat einen Blog, an dem er an solchen Tagen seine Gedanken veröffentlicht. Die Themen? Na klar! Wie werden wir „zu unseren Gunsten“ für dumm verkauft?


-----------------------------------------------
--------------------------------------------------
-------------------------------------------------
---------------------------------------------------

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen