Samstag, 29. August 2020

189) Kriegführung des osmanischen Reiches / Die Geschichte des kleinen Jungen, Abidin
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Kriegführung des osmanischen Reiches / Die Geschichte des kleinen Jungen, Abidin

Wir sind im Jahre 1496 im osmanischen Reich und die Perser waren gerade besiegt worden, so dass man sich wieder nach Europa richten konnte, wovon sich noch größerer Beutereichtum erhoffen ließ.
Der Vater hatte Abidin (der die Religion verehrt, ein Sklave der Religion) in die Stadt auf den Markt mitgenommen. Der Dorfjunge war gerade sechs Jahre alt geworden und sollte seinem Vater beim Einkaufen helfen, vor allem auf den Karren aufpassen, wenn der Vater gerade mit einem Verkäufer handelte.
Schon vor der Stadt wurden sie von einem Strom von Hunderten mitgerissen und in eine Richtung getrieben. Manchmal grüßte der Vater den einen oder anderen Bekannten aus den Nachbardörfern, aber für Abidin waren diese weltfremd. Seine Augen sprangen von Stand zu Stand. Dort wurde alles angeboten, Teppiche, Töpfe, Stoffe, Sklaven, Rüstungen, Waffen, Pferde, Haustiere, Früchte, Gemüse, Fladenbrot, alles, was man sich nur vorstellen konnte. Aber nicht nur die Stände brachten den Jungen zum Staunen, die Flut der Käufer war noch seltsamer, vom weißhäutigen mit glattem Haar über den gebräunten bis zum Schwarzen mit gekräuseltem Haar.
Plötzlich gab es einen großen Lärm, ungefähr fünf Reiter stoben in die Menge. Jeder Einkaufende zu Fuß versuchte, sich zu retten, um nicht von den Hufen der Streitpferde zertrampelt zu werden. Selbst die Bauern auf ihren Karren und die Händler hinter ihren Ständen zogen ihre Esel und Ochsen zur Seite, um den reich geschmückten und bis zu den Zähnen bewaffneten Kriegern Platz zu machen. „Das sind Janitscharen, die gefährlichsten und besten Krieger im Heer des Sultans,“ flüsterte der Vater seinem Sohn zu. „Wie wird einer ein Krieger des Sultans?“ fragte Abidin zurück. „Für dich, mein Sohn, ist das unmöglich.“ Der Vater bemerkte die Tränen in den Augen seines Sohnes. „Ich bin ein armer Bauer und kann dir keine Rüstung mit Pferd kaufen.“
Noch oft hatte der kleine Dorfjunge Gelegenheit, solche Kämpfer auf dem Markt der großen Stadt zu sehen. Die Alten im Dorf erzählten ihm Geschichten von Heldentaten des Sultans und seines Heeres. Ab diesem Tag träumte er, auch einmal so ein Krieger zu werden.
Im Alter von zehn Jahren bekam er vom Dorf die Aufgabe, jeden Tag die Ziegen zum kleinen Fluss und auf die Weide zu treiben. Und immer wenn er mit den Tieren allein war, schnitzte er an seiner Rüstung aus Holz.
Als er wieder einmal am Fluss saß, kam ein wirklicher Krieger um sein Pferd zu tränken. Der zwölfjährige Junge nahm seine Holzrüstung und ging dem Mann, der vom Pferd gestiegen war, entgegen. Als dieser ihn sah, begann er, herzlich zu lachen.
„Was ist dein Name?“ „Abidin (der die Religion verehrt, ein Sklave der Religion)!“ „Mein Name ist Aslan (Löwe). Ich sehe, du willst ein wirklicher Krieger werden. Aber nicht mit diesem Holzstecken!“ und er lachte wieder laut auf. „Geh, und beschaff dir zuerst richtige Waffen!“ „Wo bekomme ich die?“ „Die musst du dir selbst erkämpfen, bei den Ungläubigen!“ „Wo sind diese Heiden?“ Der Reiter zeigte mit seinem Arm in eine Richtung, dann gab er dem Jungen einen Dolch, schwang sich auf sein Pferd und ritt weg.
Jetzt gab es für Abidin kein Halten mehr. Er trieb die Ziegen in das Dorf, aber bevor er selbst die ersten Häuser erreicht hätte, drehte er sich um und nahm die Richtung, die der Krieger ihm angezeigt hatte.
Er war fünf oder sechs Stunden gegangen, als die Sonne unterging, deshalb legte er sich unter einen Baum und schlief den Dolch fest in seiner Hand haltend ein. Träume von Ruhm und Reichtum schwirrten in seinem Kopf herum.
Am nächsten Morgen wachte er mit knurrendem Magen auf, hatte er doch am vorigen Morgen zum letzten Mal Grütze gegessen. Er fand eine kleine Quelle und trank, was aber seinen Hunger kaum stillen sollte. Hinter dem nächsten Hügel gab es ein kleines Dorf. In einem Vorhof melkte ein Bauer gerade seine Ziegen. Der Junge ging hinein und grüßte ihn. Der Mann sah, dass der Junge hungrig war und gab ihm, zu bedeuten, dass er von einem der Milchkrüge trinken könne. „Wohin des Wegs?“ „Ich will gegen die Ungläubigen kämpfen.“
Der Bauer lud ihn ein, seine Morgengrütze mit ihm zu teilen. Dann gab er ihm noch ein Stück Fladenbrot und wünschte ihm im Namen Gottes ein gutes Geschick.
Am Nachmittag erreichte der Junge einen breiteren Karawanenweg auf dem noch andere, so wie er auf dem Weg waren.
Bis sie sich am Abend zum Schlaf niederließen, waren sie schon zu fünft, Berna (jung), Celal (Ruhm Gottes), Durukan (reines Blut), Ekmel (reif, fehlerlos) und Abidin.
Wenn die Gruppe, die immer größer wurde, durch ein Dorf kam, wurden sie meistens von den Bewohnern freundlich empfangen und versorgt. Sehr oft schlossen sich ihnen auch noch einige Jungen an. Bis der Bosporus erreicht war, waren es schon hundert: Fakir (arm), Güngör (gutes Leben), Hincal (Rache), Ilkben (der Erste), Kutlu (der Glückliche), Lemi (der Glänzende), Mert (mutig), Nihal (junge Pflanze), Orhan (großer Khan), Perran (der Fliegende), Sidika (Wahrheit), Tolga (Helm), Utkan (Sieger), Volkan (Vulkan), …………... Diese Namen hatten sie sich meist selbst oder einander gegeben.
Sie fanden ein kleines Schiff, das sie über die Meerenge brachte. Danach begann die Wanderung über das balkanische Gebirge. Doch die Bewohner dort waren nicht mehr ganz so freundlich, weil es zum größten Teil keine Moslime waren. Sie gehörten noch zum osmanischen Reich und wagten es deshalb nicht, die Gruppe aufzuhalten oder ihr irgendeinen Wunsch abzuschlagen.
In der Mitte des Sommers waren dann die Wohngebiete der Ungläubigen erreicht und nun durfte gestohlen, geraubt und geplündert werden. Nach dem Angriff auf das erste Dorf waren fast alle mit irgendeiner Art von Waffe (Sense, Keule, Eisenstange oder Messer) versorgt. Nun wagten sie es sogar, kleiner Trupps von Soldaten anzugreifen, wodurch sie in den Besitz von einigen Pferden und Rüstungen kamen.
Die Überraschung kam auf dem Rückweg, als sie am Ufer eines Flusses gerade Rast hielten. Plötzlich erschienen aus allen Richtungen gut bewaffnete, ausgebildete, reguläre Grenztruppen. Die schnellsten der jungen Gruppe schwangen sich auf die paar Pferde und konnten gerade noch entkommen. Die anderen ungefähr neunzig schlechter ausgerüstete wurden mit der gleichen Gnadenlosigkeit niedergemetzelt, mit der sie die Dörfer ausgeraubt hatten. Dort lag auch Abidin mit gespaltenem Schädel, dem eben ein Rabe die Augen ausweihte.


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