173) 1) Was du nicht alles glaubst! 2) Von der Hierarchie zur vollen
Gleichberechtigung?
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1) Was du nicht alles
glaubst!
2) Von der Hierarchie zur
vollen Gleichberechtigung?
1) Was du nicht alles
glaubst!
K. saß er auf der Bank unter
einen Baum, sah in Gedanken versunken vor sich hin. Seit Tagen hatte er
nichts mehr Warmes gegessen und wenn nicht bald ein bisschen Bares den Weg in
seine leeren Taschen findet, wird ihm sein Zimmer gekündigt. Von weitem
verriet sein Äußeres diesen Zustand der Aussichtslosigkeit. Plötzlich hielt
ein gutgekleideter Mann vor ihm an. „Wie ich sehe, hast du weder Arbeit noch
Geld.“ F. hatte sich neben ihn gesetzt und schaute ihn prüfend von der Seite
an. Von der Größe zu urteilen war K. kräftiger gebaut, als der andere. „Schau
mich an, mir geht es gut!“ K. betrachtete ihn mit gleichgültigen Augen an.
„Zeig mal deine Zunge!“ „Wozu willst du die sehen?“ „Du hast Recht! Versteck
sie lieber in deiner Mundhöhle, sonst verbreitest du hier noch den Gestank
vom vielen Arschlecken.“ Dabei lächelte K. tief in sich hinein. „Hast du noch
immer nichts gelernt. Du kannst nicht immer auf Grundsätze bestehen,“ stieß
es aus F. hervor. „Dein Vater hat dich damals in ein katholisches Internat
geschickt, dir später eine Wohnung gekauft. Er spielte den großen
Systemgegner, hatte aber genauso daran teilgenommen, wie alle anderen auch.
Und du! Du hast dieses taube Blabla übernommen. Das ist, was ich schon früher
versuchte, dir zu erklären. Du hast deinen Vater verteidigt, vielleicht
wusstest du, dass auch aus dir einmal der gleiche Handlanger wird.“ K.
würdigte F. keines Blickes, während er dies aus sich herauspresste. „Was
wirst du als Bezahlung bekommen, wenn die anderen wiederkommen?“ „Denkst du
wirklich, dass es nur auf diese Weise geht? Du setztest dich zu mir auf die
Bank, obwohl ich schon daran gezweifelt hatte, dass du überhaupt so etwas
besitzt, wie ein Erinnerungsvermögen.“ Dies traf F. sehr tief. Wenn er
stärker gewesen wäre, hätte er zugeschlagen, aber K. war selbst in diesem
Zustand ein gefährlicher Gegner. Vor allem vor K.-s Selbstgefühl schreckte F.
zurück. „Die Geschichte ist nicht gerecht,“ gab F. zurück. „Kurzfristig
nicht. Da hast du Recht. Solche Leute, wie du, werden einfach vergessen.“
„Natürlich wird man sich an dich erinnern,“ lachte F. laut auf. „Ohne viele
kleine Leute, wie mich, würdest auch du noch immer in einem kleinen Dorf
sitzen und Schweine hüten. Sagen wir, die Kleidung hast du gewechselt, aber
den Gestank hast du in deinem Maul bewahrt.“ Jetzt sprang F. auf, so eine
Beleidigung war ihm doch zu viel. „Ich habe eine Frau und drei Kinder, die
mich glücklich machen.“ Zum ersten Mal hob K. den Blick. „Das ist der Kompromiss,
den du eingegangen bist. Deine Frau gibt dir das Gefühl, dass du ein
Supermann bist, wenn du dich auf ihr bemühst, damit du später im Amt noch
besser Füße küssen kannst. Das ist ein Handel! Oder hast du schon einmal
davon gehört, das Supermann ein Handlanger gewesen wäre?“ „Ohne Leute, wie
mich, wäre dieses Volk schon längst ausgestorben!“ und damit ging er weg. K.
schaute ihm nicht einmal nach. „Auch die Konspirationstheorie, dass es einen
Jesus gegeben hat, wäre schon längst ausgestorben,“ murmelte er in seinen
ungepflegten Bart.
2) Von der Hierarchie zur
vollen Gleichberechtigung?
In einer nicht so fernen
Zukunft wird die Menschheit Raumschiffe in der Größe New Yorks bauen und mit
einer Besatzung von vielleicht hunderttausend Leuten auf die Reise gehen, um
neue, vielleicht bewohnbare Planeten in fernen Galaxien zu finden und zu
erforschen. Stellen wir uns vor, dass eine Handvoll sehr reicher
Geschäftsleute ihr ganzes Vermögen investieren und dann, nach Fertigstellung
der fliegenden Stadt, zehntausend ausgewählte Leute einladen, an diesem
Abenteuer ohne Hoffnung auf Rückkehr teilzunehmen. Bis diese Mutigen ihr Ziel
erreichen, kann es Jahrhunderte vielleicht Jahrtausende dauern, solange
müssen sie alle zusammen ihr Leben eingeschlossen auf dieser Art Insel
verbringen.
Anfangs wird diese kleine
Gruppe von reichen Geschäftsleuten, haben sie doch alles finanziert, die
Führung auf dem Schiff übernehmen und alle wichtigen Entscheidungen treffen.
Sie verfügen über die nötige Autorität, der sich alle anderen unterordnen,
auch die erste, zweite und vielleicht dritte Generation nach ihnen wird diese
Stellung noch halten können, erinnern sich doch alle an die Gründungsväter
des riesigen Projekts. Spätestens in der vierten Generation wird es dann die
ersten Versuche geben, diese Gruppe abzuwechseln, sagen doch die jüngeren mit
Recht, dass sie nicht bereit sind, die Folgen für die Entscheidungen ihrer
Urgroßeltern zu tragen, dass dieses Erbe, der Besitz des Schiffes, sich nicht
bis in unendliche Generationen fortsetzen kann. Langsam müssen dann jene
früher führenden Schichten Entscheidungsbefugnisse abgeben, werden sich
anfangs absichern und eine dem amerikanischen Elektoren-System ähnliche
Wahlordnung einführen, um zu verhindern, dass machtgierige Volksführer eine totalitäre
Alleinherrschaft einrichten können. Nach längerer Zeit wird aber auch dieses
Elektoren-System von einer absoluten Demokratie abgelöst, in der jede Stimme
das gleiche Gewicht hat und weitumgreifende Koalitionen der verschieden
Meinungsgruppen ein Entscheidungsgremium bilden. Ich betone hier absichtlich
den Begriff „Meinungsgruppen“ und nicht „Interessengruppen“, weil sich von
selbst versteht, dass sowohl die Produktionsmittel, die sowieso von Robotern
gesteuert werden, als auch das Raumschiff in das Eigentum der Gemeinschaft übergehen
werden. Der Individualismus wird eine Gleichschaltung oder einen Uniformismus
verhindern, weil die Entwicklung des „Ich“-s eines jeden einzelnen soweit
fortgeschritten sein wird, wie heutzutage schon in der Weltstadt New York,
dass alle Mitglieder der Gemeinschaft erkennen, dass ohne Individualismus
oder Sonderlinge keine Innovation, Kreativität oder Erfindungsgeist möglich
sind. Keiner wird mehr so dumm sein, zu denken, mit dem Tod des Pharaos ende
sein eigenes Leben. Jeder wird erkennen, dass die Genialität eines
homosexuellen Michelangelos, eines körperlich gänzlich unfähigen Hawkins,
eben in ihrer Besonderheit liegt.
Führt die Entwicklung der
Menschheit unaufhaltsam zum Kommunismus? Vergessen wir das Schreckgespenst
nationalistischer, elitistischer Zurückgebliebenheit. Die bisherige
Geschichte hat gezeigt, dass geistiger und technischer Fortschritt nur durch
eine immer weitere Aufteilung von Entscheidungskompetenzen, eine Möglichkeit
aller Mitglieder einer Gemeinschaft oder Gesellschaft an der Gestaltung der
Zukunft teilzunehmen, verwirklicht werden kann.
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Montag, 24. August 2020
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