107) der große Preis
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Der große Preis
Es war eine kleine, örtliche Firma. Sie
produzierte Mineralwasser, oder besser, sie füllte das aus der Tiefe
hervorquellende, gesunde Nass in Plastikflaschen ab und belieferte damit das
Gaststättengewerbe und die Lebensmittelgeschäfte in der örtlichen Umgebung.
Dies war nach dem Kriegsende ein langsam
aufkommendes Konzept, weil wegen der steigenden Grundwasserverschmutzung
durch Düngemittel das Ausheben von neuen Brunnen gesetzlich verboten wurde
und Leute bei steigendem Einkommen kein Leitungswasser mehr trinken wollten.
Vor allem Sprudel war der große Schlager, dabei reicherte man das
Tiefquellwasser einfach mit Kohlensäure an.
Nach langer Geschäftszeit ohne Konkurrenz
erschienen Supermarktketten auch in den kleineren Städten, gar in größeren
Dörfern. Anfangs stiegen die Bestellungen, weil es für diese Großunternehmen
billiger war, sich örtlich zu versorgen. Aber dann begannen die
Einkaufsketten die Wasserquellen aufzukaufen und ihr eigenes Emblem
draufzukleben. Die Werbung in Funk und Fernsehen taten den Rest. Bald wollten
die Leute nur noch Markenwasser genießen, obwohl dieses nach der Meinung des
Eigentümers des Familienbetriebes auch nur Wasser war.
Sein Großvater war damals nach dem Krieg zur
richtigen Zeit der richtige Mann am richtigen Platz gewesen und hatte die
Konzession dafür ergattert. Lange Zeit hatte man auch gute Verbindungen zu
Persönlichkeiten in den verschiedenen Ämtern.
Aber irgendetwas machten diese großen Unternehmen
besser. Immer wieder studierte man deren Verkaufsstrategien und Produkte.
Auffallend waren die vielen Informationen über Umweltschutz und Wettbewerbe,
bei denen die Produkte gewonnen hatten. Die Preisvergeber waren zwar in allen
Fällen völlig unbekannt, trotzdem wirkte es imposant, wenn die Preise auf den
Waren glitzerten. Die Frage stellte sich, wie man zu so einer Auszeichnung
kam. Briefe wurden an die Ausschreiber versendet und gespannt wartete man auf
Antworten. Diese blieben doch in den meisten Fällen aus, oder der Betrag für
die Teilnahme war unverschämt hoch. Man fand sehr oft heraus, dass die Prüfungskommission
nur aus einer Person in einem Minibüro bestand.
Deshalb fasste man den Entschluss, es denen
gleich zu tun. Ein Angestellter der Firma wurde in eine ausländische
Großstadt geschickt, in der er eine winzige Wohnung mietete, dann bei den
Behörden eine Firma eintragen ließ, die sich angeblich mit Warenprüfung
beschäftigt, bestellte bei einer Druckerei ein Emblem und einige Formulare,
schickte eine Siegerurkunde und ein Muster des Emblems an seine Heimatfirma.
In großem Format wurde das Preisemblem auf den Plastikflaschen angebracht.
Die Verkaufszahlen stiegen wieder ein bisschen, weil die Leute davon
beeindruckt waren.
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Mittwoch, 12. August 2020
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