62) Die Bibel der Literatur – Goethe, Faust
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Die Bibel der Literatur – Goethe, Faust
Alle kennen ihn, Goethe überall, in jeder Stadt in
Deutschland gibt es eine nach ihm benannte Straße.
Das ganze Mittelalter hindurch gab es immer wieder
Legenden von Leuten, die als Wunderdoktor oder Hexer geehrt oder gejagt
wurden. Sie waren neugierige Leute, die sich ein bisschen tiefer in die Dinge
der Natur vertieften und oft als Friseur oder Barbier arbeiteten. Zu jener
Zeit war dieser auch der Arzt und zuständig zum Beispiel für das Zähne
Ziehen. Sie experimentierten mit allem möglichen und manchmal hatten sie
Glück. Vielen wurde nachgesagt, mit dem Teufel einen Bund geschlossen zu
haben, um besondere Fähigkeiten oder das ewige Leben zu erhalten. Zu jener
Zeit verfügte nicht nur Gott über die Verteilung dieser Gunst, sondern auch
der Teufel. Und einer dieser Begünstigten war Doktor Faust. Einer der vielen
vor Goethe, die diesen Gedanken aufgegriffen und daraus eine Geschichte
gemacht hatten, war zum Beispiel ein Engländer namens Marlowe.
Goethe beginnt sein Werk mit einem Vorspiel, bei dem er
sich über das Theater als Geschäft und den Dichter als reinen Beschreiber von
Unterhaltungsszenen beklagt, der verpflichtet werden soll, das unwissende,
uninteressierte Publikum zum Lachen und Weinen zu bringen. Dann werden wir in
den Himmel zu einem kleinen Dialog zwischen zwei alten Herren eingeladen, die
sich die Weltherrschaft teilen, der Gute und der Böse. Und wer bis dahin
nicht die Geduld verloren hat, wird sogleich mit der eigentlichen Geschichte
belohnt. Goethe verbindet sie mit einem damals aktuellen Ereignis, das damals
alle Zeitungen füllte. Ein schwangeres Mädchen war von ihrem Liebhaber
alleingelassen worden. Die Welt brach für sie zusammen. Jetzt war sie in den
Augen der Welt eine Hure und würde ausgestoßen. In ihrer Verzweiflung
beschloss sie, das Kind im Geheimen zur Welt zu bringen und dann umzubringen.
Was hätte das arme Ding auch anders tun können, hatte sie doch schon sehr
viele solche Beispiele gesehen. Aber die Sache wurde bekannt und sie von
einem Gericht zum Tode verurteilt. Goethe war wahrscheinlich wie die meisten
seiner etwas aufgeklärteren Zeitgenossen darüber empört, dass die
Gesellschaft diese jungen Frauen förmlich zu so einer Tat trieb, um sie
später verurteilen zu können.
Der einfache Aufbau der Handlung eignete sich auch für
die Oper und andere Kunstzweige.
Im zweiten Teil wird es dann interessant. Goethe gibt
hier einen persönlichen Überblick über 2500 Jahre europäischer
Kulturgeschichte. Ich will hier nur 2 kurze Beispiele aufführen:
-
Faust ist mit
Mephisto am königlichen Hof und sie sollen auf Befehl der hohen Herren etwas
Besonderes zur Schau bieten. Mephisto lässt Paris und Helena, das schönste
Paar erscheinen. Faust verliebt sich in Helena und verlangt von Mephisto ihm
diese Frau zu verschaffen, worauf der christliche Herr der Unterwelt
erwidert, was wahrscheinlich die erste offene Leugnung Gottes war, dass er
nur auf die christliche Götterwelt einen Einfluss habe und für die
griechische Mythologie andere zuständig wären.
-
Faust und Mephisto
sind mit Hilfe von verschiedenen Zaubertricks und in Begleitung einer in
einem Glasbehälter aufbewahrten aus Aminosäuren bestehenden Flüssigkeit
namens Homunculus (kleiner Mensch) nach Griechenland gekommen, wo dieser
künstliche Mensch, der den Ursprung des Lebens sucht, so nahe an den
Katermeran einer Meernymphe kommt, dass sein Glas zerspringt und seine
Flüssigkeit sich im Meer verteilt. Auf diese Weise hatte er schon vor rund
200 Jahren das Rätsel gelöst: Das Leben kommt aus dem Meer (Dieser Gedanke
stammt eigentlich von Epikur 341 – 270 vor unserer Zeitrechnung, dessen
Schriften Goethe ganz sicher im Original las.).
Dass sein Werk so wenige gelesen haben, hängt mit seiner Zeitlosigkeit
zusammen und sein Verständnis ist nur möglich, wenn der Leser sich vorher
eingehend mit fast allen wissenschaftlichen Gebieten der Natur und Kultur
beschäftigt hat.
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Sonntag, 2. August 2020
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