73) Frankreich
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Frankreich
Man könnte jetzt mit dem Cro-Magnon-Menschen
anfangen, aber das hat von einem historischen Standpunkt für Frankreich keine
große Bedeutung.
Während Griechen, Phönizier und Römer um die
Herrschaft des Mittelmeers kämpften, besiedelten die Kelten die
Inlandregionen Spaniens, Frankreichs, Deutschlands, des Karpatenbeckens bis
nach Kleinasien. Manchmal ließen sie ihre Muskeln spielen und plünderten Rom
und Delphi.
An der Küste Frankreichs zum Mittelmeer gab es
schon sehr früh griechische Kolonien. Später kamen die Römer. Sie blieben
nicht nur an der Küste, sondern waren bestrebt, das ganze Land unter ihre
Kontrolle zu bringen und wirtschaftlich nutzbar zu machen. Straßen wurden
gebaut und Knotenpunkte mit Märkten eingerichtet. Anfangs gab es vonseiten
der Kelten großen Widerstand, aber nach einer Zeit sahen auch sie die
Vorteile.
Im 5. Jahrhundert begann die Völkerwanderung und
eine der ersten, die durch das Land zogen und fast alles verwüsteten, waren
die Alemannen, was sich auch bis in der französischen Sprache
niedergeschlagen hat, Deutschland heißt „Allemagne“.
Fast 3 Jahrhunderte wechselten sich verschiedene
Fürstentümer ab, bevor Karl der Große das Frankenreich schuf. Nachdem dieses
dann in 3 Teile zerfallen war, ging die Kaiserkrone nach Deutschland, und
Frankreich dezentralisierte sich.
Erst der militärische Erfolg gegenüber den
Engländern im 100- jährigen Krieg brachte eine Einheit, die Frankreich zur
europäischen Großmacht aufsteigen ließ. Was wäre wohl aus Europa im
30-jährigen Krieg ohne Frankreich geworden? Hier ging es vor allem darum, die
geistig rückständige Hegemonie der Habsburger zu brechen. Die gute
Zusammenarbeit zwischen Ludwig XIII. und Richelieu machte den Durchbruch des
Protestantismus in Deutschland und Holland und damit die Modernisation
Europas möglich.
In einem Europa der Könige und Fürsten gelang es
dem französischen König am besten, die Macht in seiner Hand zu konzentrieren.
Einige Sprüche von Ludwig XIV oder Sonnenkönig sind bezeichnend für diese
Situation: „L’état c’est moi!“ (Der Staat bin ich.) Er ließ verschiedene Akademien
gründen, wie zum Beispiel die der Künste. Dort wurde bestimmt, was zum
Beispiel in der Malerei als schön gelten sollte. Ein Historiker schrieb
einmal über ihn, dass er klug genug war, zu erkennen, dass es besser sei, die
Staatsgeschäfte in verständige Hände (Kardinal Jules Mazarin) zu legen, um
sich auf repräsentative Aufgaben zu beschränken.
Sein Enkel Ludwig XVI soll dagegen ein schwaches
Glied in der Kette gewesen sein und machte es dem entstandenen und
gebildeteren, reicheren Bürgertum leicht, ihn abzusetzen. Als ob dieser harte
Pfropfen, das Königtum, in der Flasche größere Kräfte benötigte,
herausgepresst zu werden, was dann zur französischen Revolution führte,
während in England zum Beispiel Cromwell das Königreich schon vorher
geschwächt hatte. Dieses nach oben drängende Bürgertum verfügte durchaus
schon über die Fähigkeiten, ein Land zu führen, hatten sie doch enge Kontakte
zu Großbritannien und den U.S.A. geknüpft. Aber ihm fehlte der Mut, den
letzten, entscheidenden, unumkehrbaren Schritt zu tun, um Frankreich in die
Zukunft voranzubringen: Die Hinrichtung des Königs. Jahrelang hatte die
Nation in sich gekämpft, bevor sie das Symbol der königlichen Unantastbarkeit
überwanden. Dieses Zögern, der Druck von außen, die Gleichgültigkeit der befreiten
Vereinigten Staaten und die Unmündigkeit der großen Massen in Frankreich, wo
hätten sie es auch lernen sollen, führte zur nächsten Diktatur: Napoleon.
Er schlief dort, wo seine Soldaten übernachteten,
im Stall, er wusste, wie sie ihn respektieren würden, und wie er sie
ansprechen musste. Dass er fast ganz Europa erobern konnte, lag nicht nur an
seinen staatsmännischen, organisatorischen Fähigkeiten oder direkten Manieren
gegenüber kleinen Leuten. Das aufkommende Bürgertum in ganz Europa hatte
während der französischen Revolution mit einem neidischen Auge auf Frankreich
geblickt. Der militärische Erfolg Napoleons war auch ihnen zu verdanken. Sie
hatten die Nase voll von den Aristokraten ihrer eigenen Länder und er
versprach ihnen eine Umgestaltung der Gesellschaft und Machtstrukturen. Er
schuf den Franzosen ein Gesetzbuch, das größtenteils noch heute in Kraft ist.
Aber er war einfach größenwahnsinnig. Beethoven zum Beispiel war zuerst einer
seiner Verehrer gewesen, und hatte sogar eine Symphonie nach ihm benannt,
aber als Napoleon sich selbst zu Kaiser krönte, gab der desillusionierte
Beethoven seinem Musikstück lieber den Namen „Eroica“. Er war klug genug, zu
erobern, aber nicht mehr intelligent genug, um es auch zu halten.
Danach wurde Frankreich von England, Preußen,
Russland und Österreich besetzt. Da sie wussten, dass sie ein ihnen gegenüber
feindseliges Frankreich nicht halten könnten, also klüger waren als Napoleon,
setzten sie wieder einen ihnen wohlgestimmten König ein. Aber der Geist der
Republik konnte nicht mehr in die Flasche zurückgepresst werden und der
Bourbonen-König musste wieder gehen.
Napoleon III wurde zuerst als Symbol der Republik
von den Franzosen herzlich begrüßt, nur benahm er sich nicht viel besser als
ein König und die Franzosen lernten, endlich selbst zu denken. Es dauerte
fast ein ganzes Jahrhundert, bis die Demokratie funktionierte. Heute ist das
Land eines der Beispiele für eine multinationale Gesellschaft.
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Dienstag, 4. August 2020
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