Dienstag, 4. August 2020

77) Griechenland
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Griechenland

Heinrich Schliemann hatte sich intensiv mit kretischer Kultur beschäftigt und dabei war es ihm gelungen, das Löwentor auf Kreta und Troja in Kleinasien in der Nähe des Bosporus oder Hellesponts auszugraben. Homer hatte also nicht gelogen. Troja war weiterhin kein Hirngespinst mehr. Sie waren große Seefahrer gewesen, hatten in der damaligen Welt überall Kolonien gegründet, und trieben mit Phöniziern und Ägyptern regen Handel. Wahrscheinlich bedeutet auch die Geschichte von Theseus und dem Minotaurus nichts anderes, als dass die eingewanderten Athener (Ionier, Äolier, Dorer, Achäer) dem König von Kreta tributpflichtig waren. Natürlich wurde in Kreta zu dieser Zeit kein Menschenfleisch mehr gegessen. Vielleicht gab es noch Menschenopfer, aber wahrscheinlich mussten die dorthin verschleppten Jungen und Mädchen als Sklaven dienen, oder helfen, die Einwohnerzahlen aufzubessern.
Langsam wurden besonders Athen und Sparta stärker. Beide mit einem anderen politischen und gesellschaftlichen Model. Die eine Stadt, Sparta, mit einem militärischen 2 König System. Während der eine König an der Spitze seiner Truppen in den Krieg zog, und oft auch als erster starb (siehe Leonidas bei den Thermopülen), hielt der andere König zu Hause die Stellung. Wenn etwas Schreckliches geschah, wurde er dafür verantwortlich gemacht und nicht selten mit dem Tode bestraft. Fast ein demokratisches Königtum. Die andere Stadt war Athen. Das erste Modell für eine elitistische Demokratie, da Frauen, Sklaven und Nichteigentümer kein Stimmrecht hatten. Handel, Kunst und Kultur blühten, weil sie offen waren. Die Schrift und Zahlen wurden von den Phöniziern übernommen, die Medizin und ein Teil der Baukunst kamen aus Ägypten.
Während der Perserkriege ließ man sich noch zum Beispiel die Lehre von Zarathustra vermitteln. Und damit konnte die Kritik an den Göttern beginnen. Zarathustra hatte nämlich die Welt in eine gute und eine schlechte Macht aufgeteilt. Die Griechen entwickelten dies weiter, und es war für sie klar, dass die göttliche Größe nur in ihrer Güte bestehen könne. Nach der Vertreibung der Juden aus Palästina, von denen viele auch nach Griechenland flüchteten und den Monotheismus mitbrachten, konnte hier auf diese Weise das Christentum entstehen.
Aber zuerst noch zurück zu Alexander. Die Perser waren für die Griechen ein gemeinsamer Feind gewesen. Doch jetzt kam einer, der, wenn er das auch nicht oft zeigte, doch in ihrem Geist erzogen worden war, und dazu noch von einem der größten Meister der Antike, von Aristoteles. Alexander, man sollte ihn später den Großen nennen, nahm alles im Sturm. Zuerst fiel ihm Griechenland in die Hände, dann nach der Reihe Persien, Ägypten, die Gebiete bis zum Indus. Nur Afghanistan wollte er nicht erobern. War dieser Größenwahnsinnige etwa klüger, als die Engländer im 19. Jahrhundert, die Russen 1979 oder die Amerikaner 2002? Die Welt musste ihn, der sich selbst für einen Gott hielt, nicht lange ertragen. Nachdem seine eigenen Soldaten ihn dazu gezwungen hatten, vom Indus den Rückzug anzutreten, gab er sich noch mehr als zuvor dem Alkohol hin. Schließlich starb er ziemlich jung und sein Reich zerfiel kurz danach.
Aber die Auswirkungen auf die östliche Mittelmeerwelt blieben. Die griechische Sprache und Kultur bestimmte die Verständigung zwischen den verschiedenen Völkern. In Alexandria zum Beispiel wurde das Alte Testament (damals natürlich noch nicht unter diesem Namen) ins Altgriechische übersetzt.
Aber kaum ein paar Jahrhunderte nach dem Tod des Makedoniers, Alexander, sollte ein barbarisches Volk der Freiheit der Griechen ein Ende bereiten. Die Römer hatten sich durch ihre Siege in den punischen Kriegen gegen die Karthager das westliche Mittelmeer gesichert und stillten jetzt ihre unersättliche Gier im östlichen. Sie hatten das Problem gelöst, das bei den Griechen mit der Freiheit unverträglich war. Ein starker Staat führt unweigerlich zu einer Einschränkung der persönlichen Bewegungsfreiheiten. Aber ein wirksames Auftreten von Individualisten gegen einen Feind, deren Mitglieder über so wenig eigenes, aber so viel gemeinsames Bewusstsein verfügen, war nicht möglich. „Inter arma silent Musae.“ – Wenn die Waffen sprechen, schweigen die Musen.
Sehr viele von ihnen wurden als Sklaven verschleppt und brachten den Hellenismus nach Rom. Nach den ersten Raubzügen lernten aber auch diese Barbaren, den Wert der griechischen Kultur zu schätzen und bewahren, was sie wegtransportieren konnten. Im dritten und vierten Jahrhundert hatten sogar einige Kaiser die Idee die Hauptstadt an den Bosporus zu verlegen. So entstand Konstantinopel.
Und nach der Teilung des römischen Imperiums wurde Griechenland wieder das Zentrum eines Reiches, mit Altgriechisch als Staatssprache. Anfänglich gab es vier Päpste, den in Rom, Karthago, Alexandria und Konstantinopel. Während die Vandalen dem Papsttum in Karthago ein Ende setzten, taten die Krieger des Islam das gleiche in Alexandria. Dann kam nicht nur eine politische, sondern auch eine religiöse Trennung und Griechenland übernahm die Führung der orthodoxen Kirche. Man darf nicht glauben, dass diese besser war, als die katholische. So schlossen sie 528 unter Justinianus auch die letzte Akademie in Athen.
Bis 1453 beherrschte man den Bosporus, machte Eroberungen bis Algerien und Ravenna, schlug sich sowohl mit Arabern als auch mit Kreuzrittern herum, wurde manchmal ausgeraubt, verteidigte gegen Venedig seine Handelsinteressen, kämpfte mit Bulgaren und Serben. Aber als dann die christliche Welt sich durch ihre Gleichgültigkeit hervortat und die Türken einen immer mehr bedrängten, konnte man nicht mehr standhalten.
Byzanz wurden Istanbul und die Hagia Sophia eine Moschee. Das griechische Festland folgte und blieb bis Mitte des 19. Jahrhunderts unter türkischer Besetzung. Es gibt viele Berichte darüber, wie heldenhafte Griechen ihre Heimat befreiten. Aber was war während der Türkenherrschaft wirklich passiert? Die Griechen waren wie die Armenier meistens gebildeter als der durchschnittliche Türke. Abgesehen davon, dass die Griechen ihre eigene Antike wieder entdecken durften, weil der Moslem zum Beispiel Aristoteles ehrte, wurden sie im türkischen Staatsapparat gebraucht. Teilweise brachten Griechen es zu höchsten Ämtern und Ansehen. Es bildete die Stärke des osmanischen Reiches, fähige Leute allmöglicher Nationen einzugliedern. Erst später, Anfang des 20. Jahrhunderts, als es langsam seinem Niedergang entgegensehen musste, und eine Art türkischer Nationalismus entstand, wurde es für Nicht-Türken schwierig, sehr oft wie beim Völkermord gegen die Armenier sogar lebensgefährlich. Ab 1680 wurde diesem Riesenreich immer wieder ein Stück abgezwickt, bis 1920 nur noch die heutige Türkei blieb.
Und die Griechen? Zu einer wirklichen Selbstbestimmung kam es nicht. Liegend an einem strategischen Ort im Mittelmeer, interessant für Großmächte waren sie Spielball und mussten erdulden, dass ihnen von außen Könige und zuletzt, nach dem 2. Weltkrieg eine Militärdiktatur auferlegt wurde, die teilweise von außen finanziert wurden, teilweise das Land selbst ausbeuteten.
So ist es bis heute geblieben. Noch lange nach dem 2. Weltkrieg lief ein Bürgerkrieg zwischen teilweise kommunistischer Volksfront und amerikanischen – englischen Soldaten weiter. Als endlich Ruhe war, wurde eine von NATO unterstützte Militärdiktatur eingesetzt. Noch während des Krieges in Jugoslawien wurde das Land als militärische Basis benutzt. Weder Großmächte, noch einheimische, obere Schichten zeigten ein Interesse daran, das Land wirtschaftlich aufzubauen. Nur die Touristen kamen von selbst.


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