Samstag, 8. August 2020

85) das Riesengeschäft
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Das Riesengeschäft

Ein neuer Pharao ist geboren. Sofort werden die besten Architekten herbeigerufen, um für ihn ein noch prachtvolleres Grab zu bauen, als für seinen noch lebenden Vorgänger. Der Ruhm des göttlichen Sprosses soll auch die Ewigkeit überleben, und umso mehr Sklaven dabei ihr Leben lassen, desto tiefer prägt er sich in die geschichtliche Erinnerung der Menschheit ein. Wenn sein Denkmal lange genug bestehen bleibt, werden sich vielleicht auch die Kamele an diesen Wahnsinn erinnern, weil sie für Generationen immer wieder den gleichen Steinhaufen umgehen müssen. Wir wissen teilweise auch, ob dieser Herr über Leben und Tod, dem noch lebendige Verrückte ins Grab folgten, um ihm auch im Jenseits zu dienen, vergiftet oder in den Rücken gestochen wurde, weil sein mumifizierter Körper bis heute den Würmern und dem natürlichen Kreislauf entzogen blieb.
Auf den kleinen Inseln Polynesiens ist es nicht ganz so schlimm, weil sich dort der Reichtum nicht in unvergänglichem Gold, Diamanten und Steinen misst, sondern in Holz und Lebensmitteln, also in Verderblichem. Ungefähr ein halbes Jahr vor dem Tod eines wohlhabenden Alten, wenn man schon sieht, dass es mit ihm zu Ende geht, wird ihm ein Haus aus Holz gezimmert und mit Blumen geschmückt, die natürlich ziemlich schnell verwelken.
Trotzdem gibt es auch in Asien Abergläubige, die angeblich ihrer Geliebten ein Taj Mahal errichten ließen oder einen chinesischen Kaiser, der auf der anderen Seite von Tausenden Soldaten begleitet werden wollte.
Oder was soll man über Attila sagen, dessen Grab angeblich durch kurzzeitiges Umleiten eines Flusses in dessen Flussbett gelegt wurde.
Ovidius dagegen schaffte sich eine originellere Methode, um sich unsterblich zu machen. Er schrieb, was wir auch heute noch lesen. Wer würde sich an den Kaiser erinnern, der den Dichter damals in eine Strafkolonie vertrieb. Dieser Kulturbanause hieß übrigens Augustus.
Mausoleum ist hier aber wohl das eindeutigste Beispiel, da es der ganzen Sache seinen heutigen Namen gab.
Ob nun jemand seinen Namen oder die Erinnerung an sich selbst unsterblich machen will, oder an ein Leben nach dem Tod im Jenseits glaubt, ist an dieser Stelle unwichtig, weil beides Sinnen in die gleiche Richtung führt. Viel interessanter ist, dass daraus in Jahrtausenden ein gewinnbringendes Geschäft geworden ist. Ob die Nachkommen für ein genügend auffälliges Denkmal sorgen, oder der zu Sterbende selbst lange vor seinem Tod die nötigen Mittel zurücklegt, ändert auch nichts an der Tatsache, dass darauf eine ganze Industrie aufbaut. Neben Beerdigungsunternehmen entstanden sogar neue Zweige.
Für viele ist der Tod des Nahestehenden meist ein Schock und Grund tiefster Trauer, oder manchmal Erleichterung nach langer Krankheit, aber fast immer eine finanzielle Herausforderung. Man führe sich nur die entstehenden Kosten, wie Sarg, Grab, Grabstein und das Festmahl zu seinen Ehren vor Augen.
Und nun kamen ganz Listige auf die Idee, die Beerdigung zu versichern. Jeden Monat wird ein wenig Geld für diesen Zweck auf die Seite gelegt. Bis zu diesem Punkt wäre das alles noch gar kein Problem. Die monatliche Rate wird nach Kostenanschlag für den vorgesehenen letzten Ruheort und gegenwärtiges Alter des zu Sterbenden festgelegt. Eine Versicherung ist natürlich kein Sozialamt, sondern ein Geschäft. Und so wird berechnet wie lange der zukünftige Tote noch leben muss, damit es für die Versicherung kein Verlustgeschäft wird, oder noch leben darf, um nicht zu viel zu bezahlen. Aber da natürlich im Allgemeinen jeder versucht, so lange wie möglich im Diesseits zu verbringen, ist der Gewinn der Versicherung fast garantiert. Was für ein Pech für den, der zu lange lebt!
Und diese Versicherung kann natürlich bei der Versicherung des Vatikans abgeschlossen werden: Generali – die Versicherungsgesellschaft des Vatikans.


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