91) Eduard und das britische Kolonialreich
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Eduard und das britische Kolonialreich
Wer hätte nicht das Buch „Jane Eyre“ von
Charlotte Brontë gelesen oder zu mindestens den Film gesehen. Eine mit
Gefühlen vollgepackte Geschichte mittelmäßigen Aufbaus und Stils, die sich
hervorragend für einen Hollywood-Herz-Schmerz-Film eignet, literarisch kaum
Erwähnung verdient, aber dem aufmerksamen Leser wichtige Informationen über
die wohlhabende Mittel- und Oberschicht in den 1840-er Jahren des englischen
Flachlandes bietet.
Die Hauptperson, ein Waisenkind namens Jane,
trifft einen Mann. Und genau diese Figur soll im Mittelpunkt unseres
Interesses stehen. Eduard Rochester ist der zweite und jüngere, männliche
Sprössling einer reichen Familie. Der Vater will den Familienbesitz
zusammenhalten und macht den Älteren zum Alleinerben. Der Jüngere, Eduard,
wird mit einem nicht gerade kleinen Vermögen in die überseeische Kolonien
geschickt, um sein Glück zu machen.
Dass der damalige Adel dem ersten Sohn alles
übergab und die anderen männlichen Kinder anderweitig ihr Glück als
Geistlicher oder Offizier in der Armee usw. versuchen mussten, war in ganz
Europa üblich. Aber warum schickte England seine Jungs Übersee, in die
Karibik, nach Afrika, Asien oder Australien?
Nachdem nach 1588 die spanische Hoheit auf dem
Meer gebrochen war, begann das englische Inselvolk seine Kolonien in der
ganzen Welt auszubauen. Diese Vorhaben wurden nur manchmal direkt von der
englischen Krone angefangen, in den meisten Fällen handelte es sich um
Privatinitiativen. Die jungen wohlhabenden suchten sich ein Schiff, heuerten
eine Mannschaft an und fuhren ausgerüstet mit einem Freibrief des Königs oder
der Königin, der sie dazu berechtigte im Namen Englands sogenannte herrenlose
Gebiete in Besitz zu nehmen, ihrem Ziel zu.
Dort angekommen steckten sie ein bestimmtes
Gebiet ab, töteten oder machten sich die Eingeborenen Untertan, dann wurden
mit der fast kostenlosen Arbeitshilfe der Eingeborenen oder von Sklaven
Kaffee, Tee, Tabak, Kakao, Baumwolle, Gewürze usw. angebaut.
War das Unternehmen erfolgreich, fanden sich bald
englische Handelsschiffe ein, um die Ernte in die ganze Welt zu verfrachten.
Später ließen sich noch andere in der Nachbarschaft nieder, ein Hafen mit
militärischem Stützpunkt wurde errichtet.
Nach einer gewissen Zeit schlossen sich
verschiedene solche Kolonien zusammen und gründeten eigene
Schifffahrtsgesellschaften, wie zum Beispiel die Britische
Ostindien-Kompanie, um den Transport zwischen verschiedenen Kolonien und
Europa abzuwickeln.
Für Probleme mit anderen Kolonialmächten oder
Eingeborenen waren dann die Privatarmeen dieser Organisationen oder die
britische, reguläre Armee zuständig.
Auf diese Weise entstand das britische Weltreich.
Die Liste der Kolonien ist schier unendlich, deshalb sollen hier nur die
wichtigsten genannt werden: ganz Nordamerika, Australien, Neuseeland,
Hongkong, Singapur, Indien, Pakistan, Südafrika, viele Teile der
Elfenbeinküste usw.
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Sonntag, 9. August 2020
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