103) die Strafe der Götter
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Die Strafe der Götter
Er hatte sie alle in seine Hauptstadt gerufen.
Nomaden aus den Steppen brachten Teppiche und kräftige Kamele, die
Bergbewohner kostbare Steine, Erze und Salze aus ihren Bergwerken, die
Fischer aus den Meerregionen Muscheln und Fische, die Handwerker aus den
Städten ihre Produkte und die Händler Waren und Sklaven aus China, Indien,
Ägypten und Griechenland.
Der griechische Sklave war athletisch gebaut und
wurde mit Hilfe eines Dolmetschers über sein Land befragt. Seine Stimme klang
rein und überhaupt nicht unterwürfig.
Er war bei einem Kriegszug erbeutet und in die
Hauptstadt gebracht worden. Als er erzählte, dass es dort keinen König gebe
und die Götter kritisiert werden, brachte man ihn schnell in einen Nebensaal,
damit der König ihn nur im Beisein des Dolmetschers verhören konnte. Es gebe
zwar auch dort Sklaven, aber die Einheimischen seien alle gleichberechtigt
und nähmen an den Versammlungen teil, um über wichtige Angelegenheiten der
Stadtgemeinschaft zu entscheiden. „Was für ein seltsames Land!“ – dachte der
König bei sich. – „Aber ich bin sicher, dass die Sonne auch bei ihnen im
Osten auf und im Westen untergeht und nicht die Erde sich dreht. Wollen diese
Griechen vielleicht am Ende noch behaupten, dass die Erde eine Kugel sei. Und
dazu kritisieren sie auch noch ihre Götter. Wie kann man denn höhere Mächte
und Götter verleumden?“ Als er so bei sich nachdachte, kam ihm die Idee, man
müsste doch dieses Land erobern, weil eine Gemeinschaft ohne Führer schwach
ist, und ihnen dann zeigen, wer der Herr auf Erden ist. Er rief seinen
militärischen Stab zusammen, um ihm zu befehlen, die Pläne für diesen
Kriegszug auszuarbeiten.
Nach mehreren Monaten setzte sich der Zug in
Bewegung. Von weitem sah es aus, als wären es Millionen Kämpfer. Sie
bedeckten den Boden, wie eine Heuschreckenplage. Das Wetter war schlecht, ein
garstiger Wind schlug ihnen ins Gesicht. Der König ließ mit Peitschen den
Wind schlagen. Auch der Wind sollte sich ihm beugen. Dann kamen sie ans Meer
und bauten eine Brücke aus Schiffen. Ein großer Sturm zog herauf und
zerstörte die Brücke. Wieder ließ der König die Peitschen sprechen, um das
Meer zu bestrafen. Dreihundert Schläge für das ungebändigte Element. Endlich
hatten sie übergesetzt und in einer langen Schlange wanderte das riesige Heer
an der Küste entlang.
An einer Stelle mit warmen Quellen standen ihnen
plötzlich dreihundert Spartaner gegenüber. „Was wollen denn die?“ – fragte
sich der König über hunderte Völker und Heerführer über hundertfünfzigtausend
Krieger. Er gab den Befehl zum Angriff. Immer wieder stürmten seine Soldaten
gegen dieses Häufchen Standhaltender. In sechs Reihen stellten sie sich auf.
Wenn der Vorderste seine Kräfte aufgebraucht hatte oder verwundet war, ging
er nach hinten, oder wenn er gefallen war, nahm der Nächste seinen Platz ein.
Der König dachte schon, dass diese dreihundert Verteidiger schlimmer seien,
als das Meer und der Wind. Sie ließen sich nicht einmal auspeitschen. Die
ganze Gruppe musste umgangen werden. So schickte der Herrscher ein paar
tausend Leute in die Berge, um dann im Rücken der Spartaner zu erscheinen.
Dem Druck von zwei Seiten konnten die Tapferen nicht mehr widerstehen.
Aber die Perser mussten sich die Frage stellen,
was für ein Geist diese Leute trieb, auch ihr Leben für etwas zu opfern, was
sie Freiheit nannten. Und was würde wohl noch kommen? Es war anders als in
Kleinasien und Persien, nicht nur bergig, sondern auch die Bevölkerung und
der Widerstand waren besser organisiert. Bei jedem Bergpass machte man die
gleiche Erfahrung. Eine kleine Gruppe von Kriegern versperrte den Asiaten den
Weg. Man musste es über das Meer versuchen.
Große Galeeren wurden mit vielen Kämpfern und
Kriegsmaterial beladen und fuhren nun ungestört am Ufer entlang. Die
zahlreichen Inseln und Buchten boten Schutz vor Unwetter und hohem
Wellengang. Die Schiffe waren überladen und nur schwer manövrierbar. Und da
geschah es dann, plötzlich waren sie da, kleine, griechische, wendige Boote
mit Rammböcken fuhren gerade in die großen Galeeren hinein und schlugen große
Lecks. Ohne viel Kampf versank ein persisches nach dem anderen. Kaum konnte
sich der König aus der Falle retten.
Vielleicht waren ein Teil der Götter einfach
freiheitsliebend!
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Dienstag, 11. August 2020
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