Dienstag, 11. August 2020

103) die Strafe der Götter
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Die Strafe der Götter

Er hatte sie alle in seine Hauptstadt gerufen. Nomaden aus den Steppen brachten Teppiche und kräftige Kamele, die Bergbewohner kostbare Steine, Erze und Salze aus ihren Bergwerken, die Fischer aus den Meerregionen Muscheln und Fische, die Handwerker aus den Städten ihre Produkte und die Händler Waren und Sklaven aus China, Indien, Ägypten und Griechenland.
Der griechische Sklave war athletisch gebaut und wurde mit Hilfe eines Dolmetschers über sein Land befragt. Seine Stimme klang rein und überhaupt nicht unterwürfig.
Er war bei einem Kriegszug erbeutet und in die Hauptstadt gebracht worden. Als er erzählte, dass es dort keinen König gebe und die Götter kritisiert werden, brachte man ihn schnell in einen Nebensaal, damit der König ihn nur im Beisein des Dolmetschers verhören konnte. Es gebe zwar auch dort Sklaven, aber die Einheimischen seien alle gleichberechtigt und nähmen an den Versammlungen teil, um über wichtige Angelegenheiten der Stadtgemeinschaft zu entscheiden. „Was für ein seltsames Land!“ – dachte der König bei sich. – „Aber ich bin sicher, dass die Sonne auch bei ihnen im Osten auf und im Westen untergeht und nicht die Erde sich dreht. Wollen diese Griechen vielleicht am Ende noch behaupten, dass die Erde eine Kugel sei. Und dazu kritisieren sie auch noch ihre Götter. Wie kann man denn höhere Mächte und Götter verleumden?“ Als er so bei sich nachdachte, kam ihm die Idee, man müsste doch dieses Land erobern, weil eine Gemeinschaft ohne Führer schwach ist, und ihnen dann zeigen, wer der Herr auf Erden ist. Er rief seinen militärischen Stab zusammen, um ihm zu befehlen, die Pläne für diesen Kriegszug auszuarbeiten.
Nach mehreren Monaten setzte sich der Zug in Bewegung. Von weitem sah es aus, als wären es Millionen Kämpfer. Sie bedeckten den Boden, wie eine Heuschreckenplage. Das Wetter war schlecht, ein garstiger Wind schlug ihnen ins Gesicht. Der König ließ mit Peitschen den Wind schlagen. Auch der Wind sollte sich ihm beugen. Dann kamen sie ans Meer und bauten eine Brücke aus Schiffen. Ein großer Sturm zog herauf und zerstörte die Brücke. Wieder ließ der König die Peitschen sprechen, um das Meer zu bestrafen. Dreihundert Schläge für das ungebändigte Element. Endlich hatten sie übergesetzt und in einer langen Schlange wanderte das riesige Heer an der Küste entlang.
An einer Stelle mit warmen Quellen standen ihnen plötzlich dreihundert Spartaner gegenüber. „Was wollen denn die?“ – fragte sich der König über hunderte Völker und Heerführer über hundertfünfzigtausend Krieger. Er gab den Befehl zum Angriff. Immer wieder stürmten seine Soldaten gegen dieses Häufchen Standhaltender. In sechs Reihen stellten sie sich auf. Wenn der Vorderste seine Kräfte aufgebraucht hatte oder verwundet war, ging er nach hinten, oder wenn er gefallen war, nahm der Nächste seinen Platz ein. Der König dachte schon, dass diese dreihundert Verteidiger schlimmer seien, als das Meer und der Wind. Sie ließen sich nicht einmal auspeitschen. Die ganze Gruppe musste umgangen werden. So schickte der Herrscher ein paar tausend Leute in die Berge, um dann im Rücken der Spartaner zu erscheinen. Dem Druck von zwei Seiten konnten die Tapferen nicht mehr widerstehen.
Aber die Perser mussten sich die Frage stellen, was für ein Geist diese Leute trieb, auch ihr Leben für etwas zu opfern, was sie Freiheit nannten. Und was würde wohl noch kommen? Es war anders als in Kleinasien und Persien, nicht nur bergig, sondern auch die Bevölkerung und der Widerstand waren besser organisiert. Bei jedem Bergpass machte man die gleiche Erfahrung. Eine kleine Gruppe von Kriegern versperrte den Asiaten den Weg. Man musste es über das Meer versuchen.
Große Galeeren wurden mit vielen Kämpfern und Kriegsmaterial beladen und fuhren nun ungestört am Ufer entlang. Die zahlreichen Inseln und Buchten boten Schutz vor Unwetter und hohem Wellengang. Die Schiffe waren überladen und nur schwer manövrierbar. Und da geschah es dann, plötzlich waren sie da, kleine, griechische, wendige Boote mit Rammböcken fuhren gerade in die großen Galeeren hinein und schlugen große Lecks. Ohne viel Kampf versank ein persisches nach dem anderen. Kaum konnte sich der König aus der Falle retten.
Vielleicht waren ein Teil der Götter einfach freiheitsliebend!


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